Schulablauf Kl. 1-13

Die Grundschulzeit – Klasse 1 – 6

Für die Waldorfschulen ist die geistig-seelisch-körperliche Entwicklung des Kindes und Jugendlichen von entscheidender Bedeutung. In der Phase der frühen Schulzeit können die Lebenskräfte zur Gedächtnisbildung umgewandelt werden. Diese Zeit vom 1. bis zum 6. Schuljahr ist die Zeit, in der der oder die Klassenlehrer:in die direkte Bezugsperson zu den Kindern bildet. Er oder sie begleitet die Entwicklung der Kinder durch sechs Jahre und führt sie in die Welt des Lernens hinein. Lernen bedeutet in dieser Zeit mehr, Fähigkeiten zu entwickeln und nicht nur intellektuell abfragbares Wissen zu vermitteln. Der oder die Klassenlehrer:in vermittelt die Kulturtechniken, legt die Grundlagen für die Naturbetrachtung in Pflanzen und Tierkunde und führt die Kinder allmählich zum Verständnis und Miterleben sozialer Zusammenhänge der gesamten Menschheit im Geschichtsunterricht. Daneben werden von Fachlehrer:innen noch einzelne Fächer unterrichtet, wie die beiden Fremdsprachen Englisch und Französisch, Musik, Eurythmie, Turnen, Handarbeit.

Engelberger Mittelstufenmodell – Klasse 7 – 9

Üblicherweise führt in der Waldorfschule ein Klassenlehrer oder eine Klassenlehrerin seine bzw. ihre Klasse durch acht Jahre hindurch. Wir haben uns zu einem neuen Ansatz entschlossen: Die Klassen 7, 8 und 9 bilden die Mittelstufe, sie werden (im Hauptunterricht) von einem eigenen Mittelstufenkollegium betreut. Jede 7. Klasse bekommt bis zur 9. Klasse eine:n neue:n Klassenlehrer:in, es wird jedoch nun mehr Unterricht von Fachlehrer:innen ausgeübt. Für die Schüler:innen ist dies ein Gewinn und schon ein Vorgeschmack auf die Oberstufenzeit, in der jedes Fach von „Spezialisten“ unterrichtet wird.

Oberstufenzeit – Klasse 10 – 12/13

Nach der Übergangszeit der Mittelstufe wird jetzt das Fachwissen wichtig, aber nicht ausschließlich als abrufbares Detailwissen, sondern die Schüler sollen sich mit Wissensinhalten innerlich verbinden können. Wissen sollen die Schüler:innen persönlich angehen, erst dann bedeutet ihnen die Welt etwas, und ihre inneren Fragen können sie zu einem Engagement für die Welt aufrufen. In der 11. Klasse wird damit begonnen, die Weichen für die staatlichen Abschlüsse zu stellen. Wir bieten in der 12. Klasse den Waldorfschulabschluss (den alle machen) sowie den Realschulabschluss an, in der 13. Klasse können die Schüler:innen dann je nach Neigung entweder die Fachhochschulreife oder das Abitur ablegen. Die Abiturklasse wird ausschließlich nach den staatlichen Lehrplänen und Lehrzielen unterrichtet.

Besondere Fächer an der Waldorfschule

Lernen mit Kopf, Herz und Hand

Nach dem Prinzip der Waldorfpädagogik soll der Mensch seine Fähigkeiten ganzheitlich entwickeln können, d.h. er soll seine kognitiven, seine seelisch einfühlsamen und seine Willensfähigkeiten in gleicher Weise ausbilden können. Das bedeutet für die Wahl der Unterrichtsfächer eine Erweiterung gegenüber dem üblichen Schulkanon – Lernen mit Kopf, Herz und Hand (Pestalozzi).

Neben den üblichen Wissen vermittelnden Fächern kommen daher in der Waldorfschule eine Reihe künstlerischer Fächer hinzu, die einen hohen Stellenwert haben: das sind Musik mit Singen und Instrumentalspiel, Malen und Zeichnen durch alle Klassen hindurch, plastisches Gestalten in Holz, Ton und Stein, und nicht zuletzt die Eurythmie, die in künstlerischer Form das Verhältnis zum eigenen Körper und seinen Bewegungsmöglichkeiten schult. Für die Anforderung an den Willen gibt es üblicherweise das Turnen und den Sport. Dazu kommen bei uns die handwerklichen Fächer.

Holzbearbeitung

Im Bereich von Holz beginnt es mit einfachen Holzbearbeitungen durch Feilen und Schnitzen bis hin zu komplizierten Arbeiten im Bogenbau. Später kommt das Schreinern mit allen handwerklichen Verrichtungen bis hin zum Bau kleiner Möbelstücke in der 12. Klasse hinzu. Der Umgang mit dem Ton hat in den unteren Klassen noch eine freie schöpferische Form in den höheren Klassen werden immer feinere Techniken erlernt.

Gartenbau

Eine andere wichtige Tätigkeit vermittelt das Fach Gartenbau. Die Bearbeitung des Bodens und die Kultivierung der Pflanzen fordern auf der einen Seite Kraft, auf der anderen Seite einfühlsames Begegnen mit den Pflanzen in ihren verschiedenen Wachstumsprozessen.

Handarbeit

Die traditionelle Handarbeit, das Arbeiten im Textilbereich, beginnt schon in der 1. Klasse mit Häkeln und Stricken, einer Tätigkeit, die selbstverständlich Jungen und Mädchen gemeinsam ausüben. In der 8. Klasse soll die Fähigkeit so weit entwickelt sein, dass ein Kleidungsstück angefertigt werden kann.

Metallbearbeitung

Das Unterrichtsfach, das in einer besonderen Weise den Willen fordert und fördert, ist die Metallbearbeitung in der Oberstufe. Dazu gehören das Kupfertreiben, die Schmuckgestaltung im Gold- und Silberschmieden und vor allem aber das Schmieden von Eisen.

Zwei Fremdsprachen von der ersten Klasse an

Bei uns werden die beiden Fremdsprachen Englisch und Französisch von der ersten Klasse an unterrichtet. Der Einstieg in die Fremdsprache ist zunächst ein nachahmendes Sprechen; die gesprochene Sprache steht erst einmal im Vordergrund. Allmählich geht es dann in das Erlernen der schriftlichen Sprache über.

Eurythmie

Eurythmie ist eine von Rudolf Steiner entwickelte Bewegungskunst, die in der Waldorfschule von der 1. bis zur 12. Klasse unterrichtet wird. Sie arbeitet mit den Gesetzmäßigkeiten der Musik und der Sprache: Eurythmie bietet eine vielseitige motorische Förderung und Unterstützung der Schüler:innen entsprechend ihrer Alters- und Entwicklungsstufen. In der Unterstufe regen mit Hilfe der Eurythmie interpretierte Märchen die Phantasie der Kleinen an, ältere Schüler:innen arbeiten anspruchsvolle Kompositionen und Dichtungen aus. In dem gemeinsamen künstlerischen üben wird das soziale Miteinander gepflegt, musikalische und sprachliche Fähigkeiten werden geschult. Durch regelmäßig stattfindende Bühnenauftritte können die Schüler:innen ein gesundes Selbstwertgefühl entwickeln und das Selbstbewusstsein beleben. Am Ende der 12. Klasse findet eine Abschlussaufführung statt.

Was ist eigentlich Epochenunterricht?

Charakteristisch für die Waldorfschule ist der Epochenunterricht, er bietet die Möglichkeit vertiefter Beschäftigung mit dem Unterrichtsstoff. In einzelnen Epochen von drei bis vier Wochen Dauer, täglich von 8.00 bis 9.45 Uhr, werden Hauptfächer wie Deutsch, Geschichte, Mathematik, Physik, Chemie, Erdkunde, Menschen-, Tier- und Pflanzenkunde durch Klassenlehrer:in und in der Oberstufe von Fachlehrer:innen im sogenannten Hauptunterricht unterrichtet. Diese konzentrierte Vertiefung und dann der Mut, das Erarbeitete für längere Zeit ruhen zu lassen, ist eine Hilfe zur Gedächtnisbildung und eine Gegenwirkung für zwei unserer Zeitkrankheiten: die Hast und die Konzentrationsschwäche. Der Fachunterricht umfasst weitere Fächer wie Fremdsprachen, Sport, Eurhythmie, Religion/Ethik oder die praktisch-künstlerischen Fächer, und schließt sich täglich nach dem Hauptunterricht an.

Praktika von der Unterstufe an

Eine Vorstufe des Praktikums wird schon in der Unterstufe geübt. Während der Handwerksepoche in der 3. Klasse wird ein Handwerker besucht, dem die Kinder bei der Arbeit zuschauen und auch hier und da mithelfen können. In der 2. Klasse findet dann die Bauernhofepoche statt. Die Kinder dürfen dabei 2 Wochen lang jeden Morgen während des Hauptunterrichts auf dem nahe gelegenen Demeter-Hof tatkräftig mithelfen und lernen so nebenher wichtiges über unsere Lebensmittelherstellung und die damit verbundene Wertschätzung für Tier und Natur. In der 4. Klasse geht es dann ein paar Tage zum Köhler, wo die Kinder ihre eigene Kohle herstellen dürfen. In der Mittelstufe geht es dann richtig in die Welt außerhalb von Schule und Zuhause. In der 7. Klasse wird das Bergwaldprojekt durchgeführt, hier gehen die Schüler:innen für eine Woche in den Wald und helfen den Forstleuten bei der Arbeit. In der 10. Klasse Oberstufe findet das Vermessungspraktikum statt. Darauf folgen Praktika, bei denen die Schüler einzeln ein Praktikum machen dürfen. Ebenfalls in der 10. Klasse ist das Landwirtschaftspraktikum angesiedelt, für das die Schüler:innen für vier Wochen ein Praktikum auf einem Bauernhof absolvieren können. In der 11. Klasse findet das Sozialpraktikum statt, bei dem die Schüler:innen für einen Monat in einem Heim oder sonstigen sozialen Einrichtung arbeiten. Manchmal wird während dieser Zeit der Wunschberuf entdeckt oder sogar schon eine spätere Ausbildungsstelle gefunden.

Weitere Besonderheiten

Der Lehrplan und der Unterrichtsaufbau sind jeweils auf die einzelnen Entwicklungsschritte des Kindes und des Jugendlichen abgestimmt. Dem Lehrplan liegen vorrangig keine gesellschaftlichen Normen und Erwartungen zugrunde, sondern er gibt primär Antwort auf das natürliche Bedürfnis des Heranwachsenden, möglichst viel lernen zu wollen und dadurch die eigene Individualität zu entwickeln. Wer bei den Schüler:innen das Lernen mit Freude und Begeisterung aus spontanem Interesse unter weitgehendem Verzicht auf äußere Zwänge wecken will, kann Sitzenbleiben nicht als fördernde pädagogische Maßnahme akzeptieren, daher gibt es an Waldorfschulen kein Sitzenbleiben. Eine weitere Besonderheit sind die Zeugnisse. Die Waldorfschule verzichtet auf Notenzeugnisse und setzt an deren Stelle Textzeugnisse, die den Schüler:innen und deren Möglichkeiten und Fortschritte in den einzelnen Fächern charakterisieren. Die Schüler:innen können so Hilfen erhalten wo es notwendig ist und entgehen der unpersönlichen Einordnung in ein vorgegebenes Zahlenschema, das letztlich nichts über die Person aussagt.